Spurenwechsler zwischen Konfuzius, Ho Chi Minh und Starbucks - Hanoi (Vietnam)

 

Moin Moin aus Hanoi!

 

Da sind wir also zurück in Hanoi, unser zweiter Aufenthalt hier, nach zwischenzeitlich unbeschreiblich schönen und sonnigen Tagen in einer der atemberaubendsten Regionen dieser Erde: Sa Pa!  Wir haben uns entschlossen, Sa Pa  einen zweiten, eigenständigen Blogbeitrag zu widmen und werden uns hier - aufgrund der vielzähligen Eindrücke in der vietnamesischen Hauptstadt - erstmal um Hanoi  selber kümmern...! 

 

Ich blicke heute - auf dem Bett sitzend und arbeitend - aus der offenen Balkontür unseres wirklich schönen Hotelzimmers auf Häuser und Baumkronen, ich höre den Lärm der Straße, das Stimmengewirr der Menschen in Läden und Cafés und erfreue mich an der abgekühlten Luft, die hereinströmt... Es hat nach rekordverdächtigen Temperaturen in Hanoi - zum Glück waren wir da gerade in den Bergen - ein wenig gewittert und geregnet, alles hat sich etwas herunter gekühlt... So angenehm war es hier bisher noch nie für uns...

 

Wir werden in diesem Blogbeitrag erzählen von unseren ersten Eindrücken und Erlebnissen im NordenVietnams, von Hanoi, der quirligen Metropole mit ihrem verblassenden französischen Kolonialcharme, ihren vollen und bewegten Straßen und Geschäften, Sehenswürdigkeiten und Museen, ihren Garküchen und Restaurants... Wir berichten über unterschiedliche Facetten der Stadt, ihre Geschichte(n), Einzigartigkeiten und Skurrilitäten... Hanoi  reiht sich als ein ganz besonders Prachtexemplar in die Vielzahl spannender asiatischer Großstädte ein, die wir inzwischen kennen. 

 

Folgt uns hier IN DIE SPUR! 

 

Eure SPURENWECHSLER

 

Wir haben wundervolle, berührende Begegnungen u. a. mit Angehörigen der Roten Dao - sprich: Dsao in Sa Pa - wir werden diese Region im nächsten Blogbeitrag aufgreifen - es lohnt sich! Sa Pa, Vietnam (Foto Magdalena Bosak)
Wir haben wundervolle, berührende Begegnungen u. a. mit Angehörigen der Roten Dao - sprich: Dsao in Sa Pa - wir werden diese Region im nächsten Blogbeitrag aufgreifen - es lohnt sich! Sa Pa, Vietnam (Foto Magdalena Bosak)

Hanoi - ein kulturell reicher und quirliger Kosmos im vietnamesischen Norden

Wir schlagen also für unsere letzte Etappe dieser Reise im hohen Norden Vietnams  auf und landen in Hanoi... Nach unserem ersten Trip in das Mekongdelta  und das südliche Vietnam  vor gut 5 Jahren, schließt sich hier also der Kreis im Norden...

 

Mit dem Taxi geht es zunächst vom Flughafen - vorbei am großen und für uns unsichtbaren Westsee - mit einem völlig übermüdeten Fahrer Richtung Hoan-Kiem-See  in der Altstadt. Immer wieder schließen sich vor lauter Schwere seine Augen mitten im Verkehr, senken sich die Lider an den Ampeln vor Müdigkeit nieder, driftet der Wagen auf der großen, mehrspurigen und voller Autos befindlichen Brücke - nicht nur einmal - von der Bahn ab, weil es ihn buchstäblich zu Boden zieht... Wir sind alarmiert und müssen was tun, so viel ist sicher, denn das hier entwickelt sich brandgefährlich! Es ist also harte Arbeit angesagt, ich muss den Fahrer wach halten und bombardiere ihn mit Fragen... Der arme Kerl quält sich, man sieht es ihm an, aber wir und sein hupendes Umfeld bekommen es zusammen hin: Irgendwann stehen wir unversehrt vor unserem Hotel am Rande der Altstadt, es hupt und dröhnt um uns herum, es qualmt und duftet aus zahllosen Garküchen und Restaurants, lautes  Stimmengewirr - der Vietnamese hier spricht nicht leise, er ruft! Wir betreten unser Hotel, in dem wir so freundlich und liebenswert willkommen geheißen werden, wie schon ganz lange nicht. Wir beziehen ein kleines, aber feines Zimmer - unsere Basis für die kommenden Tage steht, wir schmeißen uns ins Gewimmel...

 

In den kleineren Straßen nördlich des Hoan-Kiem-Sees geht es tagsüber eher ruhiger zu... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
In den kleineren Straßen nördlich des Hoan-Kiem-Sees geht es tagsüber eher ruhiger zu... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Straßenbilder... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Straßenbilder... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Ein wirklich schöner Kiez... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Ein wirklich schöner Kiez... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

 

Hanoi - was für eine spannende Stadt! Wir bewegen uns zunächst in der nördlichen Altstadt, die eigentlich keine wirklich "alte" Stadt ist: Die französischen Kolonialherren haben die frühere, sicher noch chaotischere historische Stadt mal eben dem Erdboden gleich gemacht und neu errichtet - was ihr sichtlich nicht geschadet hat, denn sie ist heute ein Schmuckstück urbaner Lebensart und auch ästhetisch ansehnlich: Wir sehen eine atemberaubende, nach wie vor kleinteilige und zum Teil mit winzigen aber schönen Häusern bunt und wild erbaute Stadt mit unzähligen baumbestandenen Straßen und Gassen, durch die sich ein moderater und erträglicher Strom an Autos, vor allem aber Mopeds zieht... Überall bieten sich Fahrrad-Rikscha-Fahrer für Stadttouren an, hängen die vietnamesischen roten Fahnen mit dem gelben Stern - nach wie vor Symbol des Stolzes einer Nation, die gegen eine der großen Mächte dieser Erde Stand gehalten hat! Wir erleben das dieser Tage ja erneut...

 

Die verwinkelten, mit Kolonialgebäuden gesäumten Kieze hier sind quicklebendig, von lebensfroher und schier überschäumender Aktivität. Kein Leer- oder Stillstand, überall Bewegung und belebte Straßen, deren Überquerung man auch in der Rushhour nach kurzer Zeit raus hat, wenn man ihr wichtigstes Prinzip realisiert hat: Niemals stehen, immer in Bewegung sein! So rasen die Fahrzeuge hier von allen Seiten aufeinander (und auch uns) zu und winden sich um einander herum, keiner steht, alles bewegt sich - und in diesen Rhythmus müssen sich die Fußgänger eben einfinden... 

 

Immer wieder steht man in einem der chinesischen Tempel... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Immer wieder steht man in einem der chinesischen Tempel... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Keineswegs überall sind die Mopeds fußgängerfreundlich geparkt, wie hier... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Keineswegs überall sind die Mopeds fußgängerfreundlich geparkt, wie hier... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

Die Straßen sind überall baumbestanden und verbreiten angenehme Verschattung... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Die Straßen sind überall baumbestanden und verbreiten angenehme Verschattung... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

  

Wir durchstreifen eine Stadt, die dynamischer nicht sein könnte. Wir sehen Massagesalons wie Sand am Meer, Geschäfte und Shops, Restaurants und Cafés en masse und immer wieder mobile Schuster, Messerschleifer oder Blumenverkäufer auf den Bürgersteigen und Straßen. Was sage ich: Bürgersteige! Doch, die gibt es überall, aber sie sind meist vollgeparkt mit Mopeds oder es stehen diese kleinen Hockerchen und Tischchen, die für Kinder gemacht scheinen, aber eben hier von den Erwachsenen genutzt werden, so dass es als Fußgänger - häufig genug  - nur auf der Straße weitergeht... Aber all das ist vor allem Ausdruck des überbordenden Lebens der Menschen Hanois auf eben diesen Straßen ihrer Stadt...

 

Das gesamte Leben spielt sich auf der Straße ab, in den häufig baumbestandenen, wirklich angenehm verschatteten Straßen, deren endloses Gewirr hier für tagelange Spaziergänge eignet. Was man hier zu sehen bekommt ist einzigartig spannend und betörend für unsereins: Dessert- oder Nachtischläden u.a. mit "Karamelpudding und Jackfruit", Galerien mit wirklich schönen zeitgenössischen Bildern und Kunstwerken oder Bekleidungsgeschäfte, von denen ich Magda nicht nur einmal sanft loseisen muss... Wir landen in uralten Tempeln, durchstreifen das bunte Marktgeschehen auf der Straße oder stolpern unwissend in eine vietnamesische Hau Dong-Session, in der ein "Medium" im Rahmen spiritueller Rituale - Musik und Tanz spielen eine herausragende Rolle - Kontakte zu einer Muttergottheit herstellt... Später werden wir im Frauenmuseum  mehr über diese weibliche Dao Mau-Religion  erfahren. Nicht zum ersten Mal in Vietnam begegnet uns eine für uns neuartige religiöse Praktik...

 

Am Straßenmarkt - nördliche Altstadt... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Am Straßenmarkt - nördliche Altstadt... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Noch immer bieten Frauen und Männer auf Fahrrädern Blumen zum Verkauf an... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Noch immer bieten Frauen und Männer auf Fahrrädern Blumen zum Verkauf an... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Auf den Bürgersteigen wird gekocht, gearbeitet, gelebt... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Auf den Bürgersteigen wird gekocht, gearbeitet, gelebt... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

 

Gleichzeitig ist Hanoi  eine Stadt, in der man wundervoll chillen und relaxen kann: Man muss sich nur in eines der vielzähligen Cafés zurückziehen - auf mehreren Ebenen, oft zurückversetzt und eine ruhige Insel abseits des Geschehen auf der Straße - nen Ei-Kaffee (was ein wenig wie Eierlikör ohne Alkohol schmeckt) oder nen eisgekühlten Kokosmilch-Kaffee bestellen oder was auch immer der kulinarische Kosmos Hanois  zu bieten hat oder sich mal wieder in einer der unzähligen Massagesalons durchkneten lassen... Man sitzt am Rande des Geschehens, das vorbeiziehende Leben ist spannender als jedes Fernsehprogramm oder Netflix, und doch kann man bei sich sein und Leben wie Zeit genießen... Vieles hier erinnert mich an Berlin, nur dass unsere Hauptstadt mit dem hiesigen Tempo und der Exotik natürlich nicht mithalten kann... Same same, but different eben!

 

Wir erweitern unsere Kreise und laufen jetzt im Westen des schön gestalteten Hoan-Kiem-Sees, durchstreifen auch die südlich angrenzenden, etwas ruhigeren Straßenzüge bis auf die Höhe des Ho Hai Ba Trung-Sees. Wir erkennen, dass dieses gesamte Gebiet im gleichen Takt und Lebensrhythmus tickt, wie die touristischere nördliche Altstadt und im Süden lediglich weniger Touristen laufen - der Dynamik tut das aber kaum Abbruch! Vor allem abends und mit der einsetzenden Dunkelheit, wenn sich die Hitze des Tages verdrückt, zeigt sich dieses Zentrum Hanois  in nahezu allen Bereichen von seiner prachtvollen und quicklebendigen, von seiner dynamischen Seite... Kurz: Hanoi  ist in seinem Zentrum rund um den Hoan-Kiem-See  ein außergewöhnlich spannender und lebensfroher Kiez, der einen mitten hinein führt in das "echte und alte Asien" und mitreißen kann! Was für eine Stadt! Wo gibt es sowas in der Intensität und Authentizität sonst noch so? 

 

Impressionen von Hanois Altstadt... Hanoi, Vietnam (Fotos Jörg Schwarz) - zum Vergrößern anklicken!

 

Vom ehemaligen Ville Française ins Frauenmuseum

Am heutigen Tag laufen wir die Straßen östlich des Hoan-Kiem-Sees  entlang. Wir sind auf der Suche nach dem französischsten aller Bezirke hier, wie unser unterwegs in irgendeinem Hostel aufgegabelter, uralter Reiseführer formuliert. Wir laufen ins ehemalige Ville Française... Entlang einiger Straßenzüge stehen eine Reihe sehenswerter Kolonialgebäude, soll das Flair der kolonialen Zeit Vietnams  besonders nachempfunden werden können... Entlang des Rathauses, Sitz auch des Volkskomitees, vorbei an der im Art-Deco-Stil errichteten Außenhandelsbank  landen wir u.a. im Ly-Thai-To-Park, in dem wir auf die imposante Statue des namensgleichen Stadtgründers Hanois  treffen. Weitere Kolonialgebäude lassen sich hier wie an der Perlenschnur entdecken: Der ehemalige Gouverneurspalast der Region Tongking - heute Gästehaus der Regierung -, der ehemalige Grand Hôtel Métropole Palace - früher Residenz für zahlreiche Präsidenten, aber auch Schriftsteller wie Somerset Maugham - und nicht zuletzt das an der Pariser Oper  orientierte, heutige Stadttheater (1901 - 1911), das mal als Oper fungierte und während der Kriegswirren auch als Versammlungshalle der Viet Minh gedient hat. 

 

So bedeutend und schön diese Gebäude auch sein oder gewesen sein mögen, uns interessieren sie dieser Tage weniger. Es gibt ein paar schöne Querstraßen mit netten Cafés hier, ein paar nette Buchläden, aber den großen Reiz hat dieser Teil der Stadt für uns jetzt nicht so gehabt... Vielleicht liegt es auch am grauen Wetter heute... Wir passieren noch das Revolutionsmuseum  und das Historische Museum, lassen beide links liegen, denn uns interessiert ein drittes, im Süden des Hoan-Kiem-Sees  gelegenes Museum deutlich mehr: Das Frauenmuseum, zu dem wir uns jetzt aufmachen. Nicht jedoch, ohne zuvor ein wenig in einem der schönen Cafés gechillt zu haben, die noch etwas weiter südlich gelegen sind... Es gibt hier wirklich sehr sehr guten Kaffee - Johannes, du würdest begeistert sein! 

 

Die ehemalige Oper Hanois, heute Stadttheater... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Die ehemalige Oper Hanois, heute Stadttheater... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Die Statue des Stadtgründers Ly Thai To. Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Die Statue des Stadtgründers Ly Thai To. Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Auch wenn heute keine Sonne zum Vorschein kommt, es ist heiß - da braucht man immer mal was zu trinken... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Auch wenn heute keine Sonne zum Vorschein kommt, es ist heiß - da braucht man immer mal was zu trinken... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

  

Wir laufen also zum Frauenmuseum  und bereuen es nicht! Ein spannendes Museum mit wundervollen Exponaten, interessanten Hintergrund-aspekten zum Leben und Wirken von Frauen in Vietnam  und überraschenden kulturellen Informationen zu den Volksgruppen und ihrem Leben in Vietnam  im Allgemeinen... Hier erst verstehen wir zum Beispiel, in was wir da gestern hineingeraten sind, als wir - ganz offensichtlich - in einem tempelartigen Gebäude an einem Ritual einer Dao Mau-Priesterin  teilgenommen haben - als Beobachter versteht sich...

 

In der Dao Mau-Religion  werden in Vietnam seit dem 16. Jahrhundert in diversen unterschiedlichen Formen von Volksreligion Muttergottheiten  verehrt - was ja an sich schon sehr spannend ist - und in sog. Hau Dong-Ritualen  aktiv und ganz praktisch "erspürt"... Die Priester*in sucht in diesem Zeremoniell, in dem u.a. ausgeprägt musikalische Mittel eingesetzt werden, die Essenzen - also nichts weniger als das Wesen - der verehrten Muttergottheiten zu erspüren, sie zu erfahren und andere daran teilhaben zu lassen. Sie/Er verkleidet sich zu diesem Zweck beinahe wie die Gottheit selbst, tanzt nach entsprechenden Klängen und verrichtet ein durchaus individuell gehaltenes Ritual... Als wir dem Ritual in Teilen beiwohnen, herrscht ausgelassene Freude unter den Teilnehmenden, wird viel gelacht und haben alle Spaß - dasselbe sehen wir während der Videosequenzen im Museum erneut. Die Hau Dong -Aktivitäten jedenfalls scheinen den Beteiligten viel Energie und Freude zu vermitteln... Im Museum ist dem Thema ein ganzer Raum gewidmet und hat auch uns irgendwie gefesselt... Unbedingt besuchenswert! 

 

In den diversen Volksgruppen existieren die unterschiedlichsten Brautkleider etc... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
In den diversen Volksgruppen existieren die unterschiedlichsten Brautkleider etc... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Traurige Heldinnen des vietnamesischen Volkes, sie haben mehrere oder ihr einziges Kind im Vietnamkrieg verloren... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Traurige Heldinnen des vietnamesischen Volkes, sie haben mehrere oder ihr einziges Kind im Vietnamkrieg verloren... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

Sind wir in ein Hau Dong-Ritual geplatzt...? Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Sind wir in ein Hau Dong-Ritual geplatzt...? Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Ein Kostüm eines Priesters der Dao Mau-Religion im Frauenmuseum... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Ein Kostüm eines Priesters der Dao Mau-Religion im Frauenmuseum... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

 

Wir versuchen kulinarisch an Malaysia anzuknüpfen...

Beim Namen Vietnam - das gilt wohl besonders für Berliner - denkt man, denken wir, immer sehr schnell auch an wunderbare Küche... Was haben wir nicht in Berlin  schon für fantastische Gerichte probiert, wie gut haben wir schon vietnamesisch gespeist - und das etwa jede Woche, da der beste Vietnamese Berlins - Streetfood von Feinsten - direkt in unserer Straße liegt... Natürlich willst du das dann hier genießen, suchst du das in Vietnam  an jeder Ecke... Da wir aus Malaysia  kommen - ganz sicher ein Land mit großartiger kulinarischer Klasse - muss sich also Vietnam  auch daran messen lassen... 

 

Zunächst sind wir ein wenig enttäuscht... Unsere ersten Versuche sind mehr als durchschnittlich und wir erinnern uns ein wenig an unseren ersten Aufenthalt im Mekongdelta, als wir zu Beginn auch mäßig begeistert waren... Inzwischen aber hat sich das Blatt gewandelt - das galt für den Süden Vietnams  und das gilt jetzt auch für Hanoi. Keine Sorge, wir beschränken uns auf drei Beispiele:

 

1. Wir entdecken zum Beispiel das einfach daherkommende, offene Eckrestaurant Long Vi Dung - Nom Thit Bo Kho  gleich bei uns um die Ecke - und sind hingerissen: Gerade einmal 8 Kleinigkeiten oder Snacks bietet man uns auf der Karte an, von denen mindestens drei aber großartig sind: Wir speisen mit Genuss immer wieder die einzigartigen Sommerrollen, deren Unterschied die kleinen Schinkenstückchen und der Parmesankäse (?) machen, den atemberaubenden Rindfleischsalat  mit u.a. getrocknetem Rindfleisch, Pfefferminze und einer betörenden Sauce (Nom thit bo kho) und durchsichtige Tapioka-Knödel/Dumplings  u.a. mit Schweinebauch und Schalotten gefüllt (Banh bot loc)... Das kriegst du hier in einer herausragenden Qualität direkt an der Straße! Wenn jetzt noch der Service mitziehen würde...

 

Hier nun auch Live und in Farbe: Unsere Auswahl im Long Vi Dung - Nom Thit Bo Kho... Zum hinknien! Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Hier nun auch Live und in Farbe: Unsere Auswahl im Long Vi Dung - Nom Thit Bo Kho... Zum hinknien! Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

 

2. Einfach umgehauen hat uns das nette und unfassbar gute Cumulus Restaurant, das von sehr freundlichen und charmanten Menschen in der nördlichen Altstadt betrieben wird... Der Besitzer des Ladens ist ein ehemaliges Straßenkind, William, das seine Geschichte hier offen vermarktet und der am Ende des Dinners bescheiden und ohne Druck kleine Spenden für andere Straßenkinder erbittet... Für uns aber steht hier die fantastische Küche zunächst im Zentrum... Wir essen stets das Bun Cha, das hier als gegrillte Schweinemettklöppschen und geräucherte, angebratene Schweinefleischscheibchen in einer betörenden, zunächst heißen Brühe serviert wird... Dazu bekommt man eine Schüssel voll Salat, Bananenblüten, Koriander- und Minzkräutern sowie weiterem Grünzeugs, Sojasprossen und ordentlich Reisnudeln... In kleinen Schälchen mixt man das nun zusammen... Der Hammer!

 

Darüber hinaus essen wir hier gebratenen Tofu mit Schnittlauch in einer betörenden fruchtig-säuerlichen Tomatensauce und gebratenes Rindfleisch mit Nadelpilzen, Ananas und gebratenen Zwiebeln auf Reis... Das alles ist so gut, das es zum Schreien ermuntert - vor Freude! 

 

Ein fantastisches Bun Cha im Cumulus Restaurant, Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Ein fantastisches Bun Cha im Cumulus Restaurant, Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Und all die anderen Köstlichkeiten... Cumulus Restaurant, Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Und all die anderen Köstlichkeiten... Cumulus Restaurant, Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

 

3. Und last but not least: Vietnam  hat in Hanoi  eine ausgesprochen schöne Dessertkultur... Es gibt zahlreiche Läden, in denen ausschließlich Desserts, Nachtische oder Süßspeisen serviert werden - und das auf asiatische Art und Weise: Mit asiatischen Tropenfrüchten, wie Durian oder Jackfruit, Tapiokakügelchen und Bohnenmuss oder süßer Kokosmilch - um nur einiges Typische zu nennen... Wir haben jedenfalls unseren Laden bereits gefunden: Er liegt mitten in der Altstadt in einer Seitengasse, in der auch Sitzgelegenheiten geschaffen werden und später günstiges Bier vom Nachbarkiosk... Hoa Quả Dầm Hoa Béo, kurz: Hoa Béo!

 

Bis hierhin ein erstes Fazit zur Küche in Hanoi: Malaysia  hatte die Latte hoch gelegt, aber Hanoi  kann - in der Spitze - da auch mithalten... 

 

Matchaeis mit Tapiokakügelchen - es schmilzt nur schnell... Hoa Quả Dầm Hoa Béo, Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Matchaeis mit Tapiokakügelchen - es schmilzt nur schnell... Hoa Quả Dầm Hoa Béo, Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Auch andere machen es gut... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Auch andere machen es gut... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

Aber nichts geht über meinen Karamellpudding auf Jackfruit und Tapiokakugeln, den ich noch vor dem Foto probieren musste... Hoa Quả Dầm Hoa Béo, Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Aber nichts geht über meinen Karamellpudding auf Jackfruit und Tapiokakugeln, den ich noch vor dem Foto probieren musste... Hoa Quả Dầm Hoa Béo, Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

  

Der Literaturtempel Van Mieu - Vietnams Reminiszenz an Konfuzius

Eine der interessantesten und in seinen historischen Bedeutung für Hanoi  wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt ist ganz sicher der sog. Literaturtempel - Van Mieu. Er liegt im Südwesten der Altstadt und hat seine Anfänge (1070 n.u.Z.) bereits in der Zeit der wiedererlangten vietnamesischen Souveränität, die mit König Ly Thanh Tong  (regierte 1054 - 1072 n.u.Z.) nach zuvor Jahrhunderte währender Besatzung durch China  begann. Der neue Herrscher stiftete hier zunächst einen Tempel zu Ehren des Konfuzius  und schuf - nach späteren Erweiterungen zur Nationalakademie  durch seine Nachfolger - hiermit den Beginn einer für Hanoi  bedeutenden 800-jährigen, konfuzianisch geprägten Bildungseinrichtung, in der zunächst die Kinder der Herrscher selbst und Aristokraten studierten. Nach späteren Bildungsreformen in den Jahren 1428 wurden hier auch erfolgreiche Absolventen aus den sog. Regionalakademien Vietnams  aufgenommen, bis der Gia-Long-Herrscher  1807 n.u.Z. eine Verlegung der Nationalakademie  nach Hué  anordnete... Unser nächstes Ziel, übrigens!

 

Im Eingangsbereich des Literaturtempels... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Im Eingangsbereich des Literaturtempels... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Das imposante zweite Tor des Literaturtempels... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Das imposante zweite Tor des Literaturtempels... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

In einem der fünf Höfe des Literaturtempels... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
In einem der fünf Höfe des Literaturtempels... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

 

Im Krieg zerstört, wurde der Literaturtempel  in den vergangenen Jahren originalgetreu wiedererrichtet und erstreckt sich nun wieder in voller Pracht in einem 350 m langen und 75 m breiten Areal. Es ist damit auch weiterhin Symbol für die hohe Bildung und die Geschichte der Bildung in Vietnam. Wir durchlaufen das prächtige Eingangstor, bewegen uns durch fünf baumbestandene Höfe, weitere Tore und zahlreiche Gebäude der Akademie mit ihren Schlafsälen, den Kandidatenstelen und Altären zu Ehren des Konfuzius... Eine Ausstellung informiert über die Prinzipien der konfuzianischen Bildung sowie die Geschichte des Literaturtempels  in Hanoi... Auf diese Weise entsteht vor dem geistigen Auge des Besuchers eine von Schülern und Studenten belebte Akademie, die den Wohlstand und Bestand der vietnamesischen Nation sicherte...  

 

Die rekonstruierte Anlage ist eine sehr sehenswerte touristische Attraktion, auch, weil man hier zahlreiche Einheimische trifft, die offenbar selber gerade irgendeine Prüfung oder ein Examen abgeschlossen haben und sich hier nun in Absolventenkittel mit entsprechendem Hut fotografieren lassen... Es herrscht ausgelassene Stimmung an diesem Feiertag im Literaturtempel...

 

Ein Tempel zu Ehren des Konfuzius... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Ein Tempel zu Ehren des Konfuzius... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

 

Lenin, Ho Chi Minh und die alten Herrscherdynastien...

Wir sind auch weiter historisch unterwegs und besuchen die mittlerweile als Weltkulturerbe anerkannte historische Königsresidenz  und Festung der alten Königsdynastien Vietnams  sowie die Zitadelle - das politische und königliche Machtzentrum der sog. Dai Viet Nation (1010 - 1789 n.u.Z.)

 

Im letzten Vietnamkrieg, der Kolonialzeit und früheren Wirren weitgehend zerstört und überbaut, verändert und verloren gegangen, belegen Ausgrabungen und weitgehende Funde der früheren Festungsanlagen eine beinahe tausendjährige Geschichte der vietnamesischen Herrscher... Wir durchlaufen riesige Ausgrabungsareale, in der unter großen Wellblechdächern die archäologischen Strukturen - Brunnen, Mauern, Artefakte - des früheren Palastes und seiner Verteidigungsanlagen ausgegraben werden. In umfangreichen Ausstellungen zeigt die Stadt Hanoi  die Exponate der Grabungen, beschreibt sie die Geschichte der frühen Dynastien Vietnams  und das Leben ihrer Herrscher sowie die Rituale am Hofe der "verbotenen Stadt".

 

Wir sehen auf dem Areal zahlreiche Vietnamesen (?), die sich in den originalgetreuen Kleidern der früheren Könige fotografieren lassen und nebenan Schaubilder des Vietnamkriegs, in denen die kommunistische Führung gerade diese royalen Symbole auf dem Schlachtfeld bekämpfte... Wir sehen die Darstellung von Glanz und Gloria der frühen Könige neben der Darstellung des Kampfes des kommunistischen Vietnam  gegen den kapitalistischen Aggressor... Man kann schon ein bisschen irritiert sein darüber, dass hier gut 50 Jahre nach dem Sieg der Kommunisten "royale Geschichte" wieder erschlossen wird... Aber so ist es das Vietnam  von heute: Kommunismus und Kapitalismus, Volksrepublik und königlicher Glanz der Vergangenheit  sind hier keine Widersprüche (mehr)...

 

Die Zitadelle, die die "Verbotene Stadt" zur Südseite begrenzt und verteidigt hat... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Die Zitadelle, die die "Verbotene Stadt" zur Südseite begrenzt und verteidigt hat... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Einheimische lassen sich auf dem Areal in den königlichen Kleidern ablichten... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Einheimische lassen sich auf dem Areal in den königlichen Kleidern ablichten... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Man lernt viel auch über die Geschichte Vietnams... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Man lernt viel auch über die Geschichte Vietnams... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

 

Jede Zeit hat hier - im Zentrum der vietnamesischen Macht - natürlich ihre Strukturen hinterlassen und so findet sich auf dem Areal u.a. auch das 1967 - während des Vietnamkriegs - durch die Kommunisten erbaute Gebäude D67, das innerhalb dieser Periode als Hauptquartier der People's Army of Vietnam  diente sowie die Meetingräume des Politbüros  und der Militär-Kommission der kommunistischen Partei  stellte. Wichtige militärische Führungspersonen der vietnamesischen Armee hatten hier - im begehbaren Bunkersystem unterhalb der Erde sowie auch im Erdgeschoß - ihre Büros...

 

Auf dem Areal informieren Schautafeln u.a. auch über die 12 Bombentage im Dezember 1972, in der die US-Amerikaner allein auf Hanoi  12 Tage und Nächte lang eine Vielzahl an Bomben - hier akribisch dokumentiert - abgeworfen und damit zahlreiche Teile der Stadt zerstört haben... Was hier an Infrastruktur, vor allem aber auch an Kultur zerstört wurde, wird einem in dieser Welterbestätte gerade deutlich... Propagandabilder der Kommunisten sind ausgestellt und die Routen der amerikanischen Bomber, die hier allerdings auch reihenweise abgeschossen worden sind... Ein wenig überlagern sich in dieser Ausstellung also die historischen Bezüge, zeigt sie auf dem Areal die ganze Vielfalt der vietnamesischen Geschichte, die natürlich deutlich länger und vielschichtiger ist, als die zumeist mit Vietnam  in Verbindung gebrachte Kriegszeit... 

 

Akribische Statistik der Bombennächte im Dezember 1972... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Akribische Statistik der Bombennächte im Dezember 1972... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Die historische Kriegspropaganda der Kommunisten während der Bombennächte 1972... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Die historische Kriegspropaganda der Kommunisten während der Bombennächte 1972... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

Der Meetingraum des vietnamesischen Politbüros und der militärischen Commission der Partei... D67, Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Der Meetingraum des vietnamesischen Politbüros und der militärischen Commission der Partei... D67, Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

 

Zurück geht es für uns zunächst entlang eines berühmten Lenindenkmals, das hier - einige Meter hoch - in einem nahegelegen Park steht... Was bei uns und in vielen osteuropäischen Ländern längst der Geschichte angehört: Hier wird er noch verehrt! Wenigstens am Tag des Kriegsendes des Weltkrieges II (08.05.) legen hier offizielle Stellen auch noch Kränze ab, in einem Land, in dem es - knappe 50 Jahre nach dem Ende des Vietnamkriegs und dem Sieg der Vietcong - kapitalistischer kaum zugehen könnte... Wie wohl Lenin  selbst die zeitgenössische Gesellschaft Vietnams, die Kulte um Muttergottheiten und frühere Königreiche oder die zeitgenössische Mentalität in Hanoi  beurteilen würde...? Wir wissen es nicht...

 

Auf dem Rückweg in die Stadt passieren wir noch die alte Bahnstrecke quer durch die Häuserzeilen der Altstadt Hanois, deren Bilder sicher viele schon einmal irgendwo einmal gesehen haben: Direkt vor den Häusern und ihren Eingängen liegen - im denkbar geringsten Abstand zu den Häusern - die Schienen, auf denen ein paar Mal am Tag die Züge passieren und die gelebte Nachbarschaft und alles Leben zwischen und auf den Schienen verdrängt werden... Heute erlaubt die Stadt den Besuchern den Zugang zu den Schienen in den Häuserzeilen nicht mehr direkt - man muss - an den harschen Wachleuten vorbei - von der Rückseite in einem Café ein Getränk bestellen, um über diesen Umweg und die Hintertür der Gebäude in den beengten Zwischenraum zu gelangen... 

  

Lenin - noch dynamisch und vorwärtsschreitend... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Lenin - noch dynamisch und vorwärtsschreitend... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Verhältnismäßig viel Platz? Dann stellt euch mal vor, der Zug mit seiner gesamten Ausdehnung stampft hier direkt durch... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)...
Verhältnismäßig viel Platz? Dann stellt euch mal vor, der Zug mit seiner gesamten Ausdehnung stampft hier direkt durch... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)...

Früher wurde hier in den Zwischeräumen gelebt und gearbeitet - erst wenn der Zug kam, wurde schnell alles zusammengetragen und dann aber mal zur Seite... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Früher wurde hier in den Zwischeräumen gelebt und gearbeitet - erst wenn der Zug kam, wurde schnell alles zusammengetragen und dann aber mal zur Seite... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

 

Ein obligatorischer Besuch: Das Thang Long Wasserpuppentheater!

Natürlich lassen wir uns auch die bereits seit dem 11. Jahrhundert bestehende Tradition des Wasserpuppentheaters, die es so nur in Vietnam  gibt, nicht entgehen... Sie lässt sich gerade einmal zwei Blocks von unserem Hotel entfernt in einem netten kleinen Theater bestaunen... Als Teil des vietnamesischen Weltkulturerbes  war dieses ursprünglich auf einem Dorfteich oder einem See vollführte, jahrhundertealte "Bühnenformat" in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Vietnam  beinahe ausgestorben und erst durch das Engagement französischer Unterstützer - auch auf der Basis neuer Puppen - wieder zum Leben erweckt worden. Und das ist ein Geschenk der Götter, denn der Besuch dieser Aufführung - heute in einem theaterähnlichen Raum mit einer Bühne aus Wasser - könnte zauberhafter nicht sein... 

 

Es herrscht ordentlich Andrang am Nachmittag - offensichtlich sind die Vorführungen gut besucht... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Es herrscht ordentlich Andrang am Nachmittag - offensichtlich sind die Vorführungen gut besucht... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Es ist wie auf jeder Bühne: Am Ende wird aufgeräumt - hier siebt man das Wasser sauber... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Es ist wie auf jeder Bühne: Am Ende wird aufgeräumt - hier siebt man das Wasser sauber... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

Und in Action - leider hatte ich keine Kamera dabei... Merde! Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Und in Action - leider hatte ich keine Kamera dabei... Merde! Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

 

Die Inszenierung ist imposant und mit allerlei Effekten kunstvoll und kurzweilig... Während die Puppenspieler - hinter einem Vorhang unsichtbar für das Publikum - die bis zu 1 Meter großen und bis zu 5 kg schweren Puppen an meterlangen, im Wasser unsichtbaren - Stangen durch das Wasser bewegen und durch Seilzüge zu erstaunlichen Bewegungen veranlassen, begleiten Musiker und Sänger zu beiden Seiten der Bühne lautstark und effektvoll das Geschehen. Sie untermalen nicht nur das Schauspiel akustisch, sie leihen den Puppen Stimmen und sorgen für wundervolle traditionelle vietnamesische Klänge und Gesänge. Das Orchester spielt auf traditionellen und uralten Instrumenten und man ist buchstäblich in ein früheres Jahrhundert im fernen Asien versetzt... Die Instrumente verströmen exotisches Flair... 

 

Inhaltlich geht es einerseits um dörfliche Szenen am und im Wasser - Fischfang, Bootsrennen oder hinreißende Balzrituale von Wasservögeln - nur Schwanensee ist anmutiger... -, andererseits um mythische Szenen, wenn beispielsweise Drachenwesen, goldene Schildkröten oder das chinesische Einhorn dargestellt und in mythische Handlungen verwickelt werden...

Großartige Musiker spielen auf alten und traditionellen Instrumenten, die sich wahnsinnig exotisch anhören... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Großartige Musiker spielen auf alten und traditionellen Instrumenten, die sich wahnsinnig exotisch anhören... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

Was da im einzelnen passiert erschließt sich ohne Audioguide nicht

wirklich, es ist aber auch nicht unbedingt entscheidend - man kann es ja vorher oder hinterher nachlesen... Es ist die Kunstform und das entzückende Spiel der Figuren, die im Einklang mit den Klang- und Musikeffekten ein perfektes Zusammenspiel ergeben... Das ganze    Spektakel dauert ganze 60 Minuten und hat uns begeistert. Eine wundervolle Tradition und ein Must-See in Hanoi!

 

Weiterreise nach Sa Pa - Reisen wie ein VIP...

Wir hatten bereits in früheren Jahren Bekanntschaft mit den VIP-Bussen in Asien gemacht und sind auch schon in Liegebussen in Vietnam  unterwegs gewesen, als wir vor 5 Jahren im Süden die ein oder andere Strecke zurückzulegen hatten... An einen Bus dieser Kategorie allerdings, können wir uns nicht erinnern...

 

Wir wollen von Hanoi  aus in den hohen Norden, nach Sa Pa... Im Internet buchen wir uns einen bequemen Liegebus, da die Fahrt schon so an die 6 - 7 Stunden dauern soll und der Zug sogar noch länger braucht... Um also nicht gerädert zu sein und womöglich stundenlang eigeklemmt zu sitzen - wie auf vielen vorhergehenden Trips, ich denke nur an Laos! - investieren wir knapp 30 € zu zweit! 

 

Wir finden uns zunächst beim Buchungsbüro ein, trinken noch einen der unglaublich schmackhaften und aromatischen vietnamesischen Kaffees, und werden von hier - höchst persönlich und zu Fuß - zur Busgesellschaft weitergereicht. Hier erhalten wir die Bordkarten - alles hochoffiziell, wie beim Flieger mit Passport und so - und schon kommt irgendwann der Bus, in dem heute 16 Menschen fahren... Erstmal das Gepäck in den unteren Ladeklappen verpacken - anders als sonst in Asien erhält das Gepäck sogar eine Banderole mit Nummer und wir das entsprechende Gegenstück - und schon stehen wir am Eingang des Busses... 

 

Selbst ein so langes Elend, wie ich, findet seine Position in der geräumigen Kabine... Hanoi, Vietnam (Foto Magdalena Bosak)
Selbst ein so langes Elend, wie ich, findet seine Position in der geräumigen Kabine... Hanoi, Vietnam (Foto Magdalena Bosak)

 

"Bitte die Schuhe ausziehen!" schallt es aus der Fahrerkabine nach unten. Er reicht uns blaue Plastiktüten beim Betreten des Busses und macht noch die Ansage: "Im Bus wird nicht gegessen! - Essen verboten!" Barfuß stehe ich nun also auf dem sauberen Teppich des Innengangs, die Klimaanlage hat das Fahrzeug bereits erwartbar ausgekühlt, und staune nicht schlecht: Zu beiden Seiten des Ganges liegen auf zwei Ebenen luxuriöse Kabinen mit allem Pipapo übereinander: Ledersessel in Liege- und/oder Sitzposition verstellbar, komfortables verstellbares Kopfteil, Ladebuchsen und Steckdosen, Decke, Wasser, Licht und sogar ein Fernseher... Es riecht förmlich nach VIP und Bequemlichkeit... Ich suche meine Kabine, nutze die Trittlöcher an der unteren Außenwand und hieve mich in meinen gut klimatisierten Bau in der oberen Etage, in dem ich mich mit meinen 1,91 m zwar nicht komplett langmachen kann - der Vietnamese an sich ist halt auch etwas kleiner - wohl aber genug Space für eine gemütliche Lage in allen möglichen Positionen habe...  Wie entspannend! So etwas wünsche ich mir einmal von der Deutschen Bahn! 

 

Man kann jedenfalls nicht meckern, die Vietnamesen schaffen hier tatsächlich recht bequeme Reiseoptionen für längere Strecken und ermöglichen ausgeruhtes Ankommen! Ich ziehe noch den kleinen Vorhang vor meine Kabine, so bin ich völlig intim, blicke eine Zeitlang in sitzender Position und vollständiger Ruhe aus dem Fenster und lege mich dann zu einem kleinen Schläfchen hin... Natürlich ruckelt und bremst es, legen wir uns in Kurven und überholen andere Fahrzeuge mit dem typischen Hupgeräusch - nichtsdestotrotz: Irgendwann nicke ich ein und döse Richtung Sa Pa... Entspanntes Reisen!  

 

Und dann eben Sa Pa! 

Genau hier knüpfen wir beim nächsten Mal an... Es lohnt sich:

Sagenhaftes Sa Pa... Sa Pa, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Sagenhaftes Sa Pa... Sa Pa, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

Empfehlungen

 

Hanoi

 

Unterkunft

Wir haben uns in Hanoi  nord-östlich des Hoan-Kiem-Sees  eingebucht, der zahlreiche Hotels und andere Unterkünfte beherbergt und quasi am etwas ruhigeren Ende der Altstadt liegt. Inzwischen sind wir zwei Mal hier gelandet und waren sehr zufrieden:

  • Labevie Hotel, 34 P. Hàng Tre, street, Hoàn Kiếm, Hà Nội 100000, Vietnam. Wir empfehlen für mehr Raum und ein insgesamt helleres Zimmer ein Dreibettzimmer mit Balkon, dessen Preise allerdings gerade - nach einem Besitzerwechsel - exorbitant gestiegen zu sein scheinen, als wir es für unseren abschließenden dritten Trip nach Hanoi  buchen wollten... Sehr nettes und auskunfstfreudiges Personal, hervorragendes Frühstück und eine gute Lage. 

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Speisen 

Was das Thema Restaurants und Garküchen angeht ist Hanoi  einfach unfassbar... Man hat eine unbeschreibliche Qual der Wahl! Uneingeschränkt wollen wir aber diese Möglichkeiten hier empfehlen, für die wir unsere Hand ins Feuer legen:

  • Bestes Restaurant - hohe Qualität vietnamesischer Kochkunst und charmante Menschen - ist dieses Mal für uns definitiv das Cumulus Restaurant, das etwas versteckt hier zu finden ist: 34 P. Hàng Tre, street, Hoàn Kiếm, Hà Nội 100000, Vietnam. Man kann draußen an der Straße sitzen, viel netter ist es aber für uns im Innenbereich. Dazu geht man in einen sehr versteckten kleinen Hauseingang links neben dem Außenrestaurant hinein - man glaubt auch nicht, dass da noch ein Restaurant kommt - und muss links irgendwann eine sehr enge Treppe hoch... Traut euch! Dort wird man dann schon - zumeist von William - empfangen. Bestes Bun Cha, tolle Frühlingsrollen  und noch so vieles mehr... Schaut bei dieser Empfehlung auch gern in den Text des Beitrags (mit Fotos)... 
  • Streetfood -Häppchen und satt machende Kleinigkeiten (schaut auch dazu in unseren zugehörigen Blogbeitrag) bekommt man nirgendwo besser als hier: Long Vi Dung - Nom Thit Bo Kho, 23 P. Hồ Hoàn Kiếm, Hàng Bạc, Hoàn Kiếm, Hà Nội, Vietnam. Wir lieben den Laden trotz der teilweise rotzfrechen Jungs im Service...  
  • Nicht versäumen sollte man den Dessert und Süßigkeiten-spezialisten Hoa Quả Dầm Hoa Béo, P. Tô Tịch, Hàng Gai, Hoàn Kiếm, Hà Nội, Vietnam - siehe Beitrag! Hier enden auch einige professionelle Food-Touren und das mit Recht! Definitiv sagenhaft lecker: Unser Favorit: Karamelpudding auf Tapiokakügelchen und frischer Jackfruit... 

  • Für ein gutes My Van Than - selbstgemachte Reisnudeln mit diversen Fleischarten und Gemüsen, mit Kräutern und Dumplings - geht zum Phuong Beo Frank Noodles - Quán mỳ vằn thắn Phương Béo, 9 P. Hàng Chiếu, Hàng Buồm, Hoàn Kiếm, Hà Nội, Vietnam - gleich beim alten Stadttor Ô Quan Chưởng in der nördlichen Altstadt... Hierhin wurden wir von einer Bekannten aus Hanoi  geführt und das war wirklich klasse!
Das My Van Than direkt beim einzigen verbliebenen Stadttor der Altstadt... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Das My Van Than direkt beim einzigen verbliebenen Stadttor der Altstadt... Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
  • Wir hatten ein ganz gutes Bun Bo Nam Bo - in Berlin  ist es in unserem Stammlokal besser! - im Bách Phương - Bún Bò Nam Bộ, 73-75 Hàng Điếu, Cửa Đông, Hoàn Kiếm, Hà Nội, Vietnam - sollte man aber auch anderswo finden...

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Allgemeines 

Hanoi  gehört zu den Städte/Orten, in denen es vollkommen ausreicht, wenn man sich aufmerksam und voller Offenheit durch die Gassen und Straßen treiben lässt - Abenteuer genug! Ich verspreche es! 

 

Wer dennoch etwas fokussierter loslegen will, dem seien folgende Sachen empfohlen:

  • Einen Besuch wert ist der schöne und restaurierte Literaturtempel, der dem Konfuzius  gewidmet und Jahrhunderte Hanois Bildungsakademie  für die Machtelite des Landes gewesen ist...
  • Höchst sehenswert war für uns das Frauenmuseum! Natürlich geht es hier um die Rolle der Frauen in der vietnamesischen Gesellschaft, aber um so viel mehr... Wir haben hier Vietnam  ein bisschen besser verstanden und waren von den Exponaten wie Themen sehr angetan... 
  • Weltkulturerbe  soll man nicht auslassen: Wir haben in Hanoi  gleich zwei besucht:
    • Das Thang Long Wasserpuppentheater  am nord-östlichen Ufer des Hoan-Kiem-Sees - siehe Beitrag 
    • und das Areal rund um die Zitadelle Thăng Long, in dem die unterschiedlichsten Epochen und Umstände des ehemaligen Machtzentrums der vietnamesischen Geschichte (u.a. Königssitz samt Verbotener Stadt, Bunker der kommunistischen Führer während des Vietnamkriegs etc.) ausgestellt sowie zahlreiche Exponate gezeigt werden.
  • In den Cafés der Stadt - zweifelhaft hat Hanoi wundervolle Cafés - muss man mindestens den eisgekühlten Kokosnussmilch-Kaffee sowie einen Egg-coffee  bestellen und probieren - beides klasse! 
  • Gut, das Mausoleum des Ho-Chi-Minh sollte man vielleicht auch nicht verpassen, wir wollen es am Ende unseres Trips - also bei unserem dritten Step in Hanoi - auch unbedingt nachholen... Auf dem Weg dorthin kommt man fast unwillkürlich auch am berühmten Lenindenkmal vorbei, das hier tatsächlich noch steht und verehrt wird... 

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Beim Stadtbummel hineingestolpert... Es gibt zahlreiche gute Kunstausstellungen! Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Beim Stadtbummel hineingestolpert... Es gibt zahlreiche gute Kunstausstellungen! Hanoi, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)

Ausblick

 

Spurenwechsler  besuchen zwischen den zwei Hanoi -Aufenthalten - waren ja Gegenstand dieses Blogbeitrags - Berge und Täler des wundervollen Sa Pa - inzwischen ein Lieblingsziel unserer Helden...

 

Sie verbringen zunächst in einem Hmong-Village  bei einer Hmong-Familie  wundervolle Tage abseits der Massen und weit entfernt von der Stadt, blicken zunächst in Wolken und Nebelschwaden, richtig kalt und unglaublich feucht ist es in den ersten Tagen... Dann aber folgen herrliche Sonnentage und angenehm kühle Nächte! Unsere Helden erfahren vor Ort viel vom Leben der diversen und spannenden Volksgruppen in Sa Pa  sowie den Hmong  im Speziellen, erleben das Setzen der Reispflanzen direkt vor dem Balkon in atemberaubender Kulisse und erfreuen sich des lässigen Moped-Cruisens in den fantastischen Reisterrassen und bergigen Landschaften... Sie werden Zeugen atemberaubender Kulturschönheiten...

 

Unsere Helden erklimmen mit der Seilbahn - Weltrekordhalterin in diversen Disziplinen - den höchsten Berg Vietnams, den Fansipan, besuchen auf kleineren Trekkingtouren Wasserfälle, Höhlen oder Staudämme und begegnen hier und da wilden Tieren. Immer wieder haben sie wundervolle zufällige Begegnungen mit der Volksgruppe der Roten Dao, die sie hier und da durch die Landschaft führen, mit denen sie sich sogar ein wenig anfreunden... Nette Cafés in den Reisfeldern, Aussichtspunkte mit unfassbaren Tiefen und chillige Unterkünfte tun ihr übriges, dass Sa Pa  für Spurenwechsler  zu einem der schönsten Reiseziele des Planeten aufsteigt. Lasst es euch nicht entgehen!

 

Schaut also rein und folgt unseren Helden IN DIE SPUR!

 

Wo mit der Zeit zahlreiche Hangabbrüche Felsen en masse hinterlassen haben, bringen diese Hmong ihre terrassenartigen Reisfelder für die nächste Pflanzsaison in Form... Sa Pa, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)
Wo mit der Zeit zahlreiche Hangabbrüche Felsen en masse hinterlassen haben, bringen diese Hmong ihre terrassenartigen Reisfelder für die nächste Pflanzsaison in Form... Sa Pa, Vietnam (Foto Jörg Schwarz)



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